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2044

Chronik einer verlorenen Zukunft

Mannheim / Nahe-Hunsrück

Im Jahr 2044 blickt Paul Schneider zurück auf die düstere Zeit vor und nach der Machtübernahme der Nationalen Allianz für Deutschland (NAfD). Als Widerstandskämpfer im Verborgenen erzählt er von den Anfängen des langsamen Aufstiegs der rechtsextremen Partei, die in den 2020er Jahren die Demokratie in Deutschland erodieren ließ. Er führt vor Augen, wie Hetze und Hass in den sozialen Medien den Boden für eine neue Ära der Angst bereiteten und wie die NAfD ab 2032 unser Land in einen totalitären Staat umbaute. Er schildert, wie es soweit kommen konnte, wie das Land Schritt für Schritt in die Dunkelheit verfiel, wie der autoritäre Staat entstand und vor allem, was hätte getan werden müssen, um das alles zu verhindern. Ein aufrüttelnder Bericht aus einer dystopischen Zukunft, der als Warnung dienen soll, um aus den fatalen Fehlern der Vergangenheit zu lernen.

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Hörspiel-Episoden 1-6

Stimmen aus der Zukunft - Warnungen an die Gegenwart!

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Christopher Vogel, 72 Jahre, Kassel

Ehem. Mitarbeiter des Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremimus/Hessen

Hätten wir mehr machen können? Selbstverständlich – wenn wir gewusst hätten, wie es weiter gehen würde. Andererseits: Was sollten wir denn noch machen? Im Frühjahr 2024 erlebte die Bundesrepublik Deutschland die größten Proteste ihrer Geschichte, nachdem ein online-Medium von Plänen berichtet hatte, die einige Jahre später bittere Realität werden sollten: In einem Hotel berieten Rechtsextreme und „Konservative“, wie man Geflüchtete und Bürger:innen [1] mit Migrationsgeschichte in der Familie aus Deutschland vertreiben könnte. Millionen gingen auf die Straße, um von der Regierung entschlossenes Vorgehen gegen Faschisten zu fordern und klar zu machen, dass die Mehrheit nicht bereit war, menschenverachtende Pläne für das Land zu tolerieren. Es geschah: nichts. Keine Gesetzesänderung, keine Maßnahmen, kein Doppelwums oder was auch immer – sie saßen es einfach aus. Man wusste nicht ob aus Unfähigkeit oder aus Angst, es sich mit der lauten Minderheit zu verscherzen, die sich damals nach den 1950er oder auch 1930er Jahren zurück sehnte. Stattdessen wurden nach Jahrzehnten weitgehend offener Landesgrenzen in Europa wieder Grenzkontrollen eingeführt und praktisch alle Parteien von rechts bis „links“ überboten sich in Forderungen, Migration nach Deutschland zu reduzieren. Als ob das jemals das Hauptproblem dieses Landes gewesen wäre. Die NAfD konnte ganz entspannt andere Feinde markieren, wie etwa Medien oder Universitäten, nachdem ihre Saat bezogen auf Migration aufgegangen war. Sie konnte die anderen Parteien vor sich hertreiben und grinsend darauf hinweisen, dass sie es ja schon immer gesagt hatte. Unzählige Wissenschaftler:innen skizzierten, wie es weiter gehen könnte wenn die extreme Rechte über 30% bei Wahlen oder gar an die Macht käme oder kurz gesagt wie Demokratien sterben.[2] Man forderte das Verbot auf Grundlage bestehender Gesetze – nichts geschah im Jahr 2024, als noch Zeit gewesen wäre. Hätte, wäre – dieses Kopfkino sollte mich und viele Andere die nächsten Jahre quälen.

Als dann die Konservativen umfielen und erste Koalitionen mit der NAfD auf Landes- und später Bundesebene eingingen, war es dann soweit: Wovon die Wichtigtuer, russischen bots, Trolle und offenen Faschisten jahrelang nur geträumt und herumgeschrien hatten, wurde erbarmungslos umgesetzt: Ausweisungen, Abdrehen des Geldhahnes für zuvor staatlich finanzierte Projekte, Umschreiben der Lehrpläne in Schulen und Universitäten, Besetzung wichtiger Posten in Gerichten und Sicherheitsbehörden, Massenentlassungen im Bildungsbereich, in Medien und Behörden. Man arbeitete einfach Listen ab, die seit Anfang der 2020er Jahre erstellt worden waren. Straßennazis konnten unter dem Applaus „besorgter Bürger“ ihren Terror ungestört verbreiten, weil es keine Zivilgesellschaft oder staatlichen Stellen mehr gab, die etwas dagegen machen konnten. Die laute Minderheit hatte sich durchgesetzt, weil die leise Mehrheit ermüdet war von immer neuen Krisen und den andauernden Attacken auf die Errungenschaften einer freien Gesellschaft, so unvollkommen sie auch gewesen sein mag. Ganz zu schweigen von den realen sich zuspitzenden Krisen in Deutschland, Europa und der Welt, die die meisten dazu brachten, erst mal selber klar zu kommen, bevor man sich um Andere kümmern konnte. Und wer aufmuckte verschwand in Gefängnissen, Lagern oder wurde von sadistischen Mobs auf der Straße angegriffen. „Wohltemperierte Grausamkeiten“ hatte es ein prominenter Faschist der NAfD zuvor genannt.

Ich selbst wurde nach der Bundestagswahl 2029 arbeitslos und ab 2032 mit Beschäftigungsverbot belegt, wie zigtausend Andere, die sich für eine offene Gesellschaft und die Belange von Minderheiten eingesetzt hatten. Auswandern war nicht mehr möglich, weil die meisten Länder ihre Grenzen komplett geschlossen hatten oder nur die hellsten Köpfe aus Politik, Kunst und Wissenschaft aufnahmen. Der brain-drain aus Deutschland war enorm und wer nicht raus konnte, musste den Ball flach halten, untertauchen, Mund halten. Ich hatte noch Glück, weil man mir das „Anderssein“ nicht ansah – im Gegensatz zu Millionen People of colour und anderen Minderheiten. Es gelang mir, falsche Papiere zu organisieren und mein Aussehen so stark zu verändern, dass biometrische Erkennungssoftware nicht ausschlug. Natürlich gab es noch solidarische Netzwerke und vereinzelten Widerstand unter aussichtslosen Bedingungen. Aber was wir jahrelang nur belächelt und als Allmachtsfantasien abgetan hatten, erwies sich als richtig: Die Aussage des Nazi-Juristen Carl Schmitt „Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet“ prägte und prägt unser Leben im 21. Jahrhundert, das mit Ausnahmezustand noch harmlos umschrieben ist. Wir sind schon lange nicht mehr souverän, aber aufgeben ist halt auch keine Option – war es nie.

 

[1] diese Schreibweise war damals verbreitet, um Menschen diverser Geschlechter auch in der Schriftsprache zu repräsentieren. Verdammt, so was erklären zu müssen… – ich komm mir wie ein alter Mann vor, der ich inzwischen bin

[2] So der Titel eines Buches amerikanischer Wissenschaftler, das es inzwischen nicht mal mehr in Antiquariaten gibt weil verboten.

Rod, 69 Jahre, Landau / Pfalz

Das Handy klingelt, und meine Tochter Marina ist am Telefon.
Sie ist in Köln untergetaucht.
Die Stadt, in der sie geboren wurde.
Sie ist jetzt 31 … 31. Sie könnte längst Kinder haben …
Ich frage sie, ob sie sich noch erinnert, als wir in den Winterferien im Allgäu am Fuß der Alpen zusammen Ski gefahren sind.
„Weißt du noch, wie der Schnee gerochen hat?“
„Ja … Papa, das ist lange her.“
Wieder einmal reißt die Telefonverbindung ab.
Marina. Marina hat einen starken Willen. Als die NAFD die Macht übernahm, war sie 19.
Wir haben ihr von Anfang an kritisches Denken beigebracht. Kritisieren im Sinne von „unterscheiden“, verschiedene Blickwinkel zu sehen –
gedanklich offen zu bleiben, egal, was andere sagen.

Sie engagierte sich in der linken Schülerbewegung, organisierte No-NAFD-Veranstaltungen, als man es noch ungestraft konnte, und lehnte sich gegen alles auf, was aus ihrer Sicht gegen Vielfalt und Toleranz stand.
Ich war dagegen immer eher angepasst.

Mitte der 70er-Jahre geboren, war ich das, was man wohl unter einem Wohlstandskind versteht. Ich tanzte ausgelassen zu elektronischer Musik nach der Maueröffnung und war zeitweise so unpolitisch, dass man wirklich denken konnte, Fukuyamas „Ende der Geschichte“-Diktum hätte sich in meiner persönlichen Lebensgeschichte manifestiert. Das änderte sich mit der ersten Flüchtlingskrise in den 10er-Jahren.

Ich begriff, dass sich hier etwas gesellschaftlich Spaltendes anbahnte und engagierte mich während meines Studiums in vielfältigen Projekten. Die Saat für Hass und Unmenschlichkeit, die von dunklen Kräften von Anfang an gesät wurde, war noch zart – aber sie war seit langer Zeit wieder aufgegangen.

Es ging ein Riss durch Freundeskreise, und am Weihnachtstisch stritt man sich über Merkels „Wir schaffen das.“
Und dann zog sich jeder und jede weiter in die eigene gedankliche Wertewelt zurück. Der Algorithmus lieferte dazu jeden Tag aufs Neue die sortierte, gefällige Meinung für Klicks und Likes.

Und jetzt saß ich hier in meinem Versteck und war wieder einmal mutlos und körperlich angeschlagen. Der öffentliche, freie Kulturbetrieb, für den ich mich Zeit meines Lebens eingesetzt hatte, war quasi völlig zum Erliegen gekommen. Es gab zwar in den großen Städten wie Berlin noch wenige Theater und Konzerthallen, aber die dienten lediglich dazu, die Parteimitglieder und ihre Granden zu bespaßen. Ich musste an die Fernsehbilder von grauen Betonbauten und gefüllten Sälen der DDR mit ihrer verordneten Heiterkeit denken.

Aber auch damals in der DDR gab es Subkulturen, gab es im Untergrund Bewegungen, die sich durch kein Regime der Welt stoppen ließen. Subkulturen formieren sich häufig in Krisenzeiten – als Ausdruck des Widerstands, als Schutzraum oder als kreative Reaktion auf Veränderungen.
Und genau diese Subkulturen gab es nun überall in Europa.

Dass Kunst und Kultur kein Luxus sind, hatte man sehr schnell begriffen, als die Zerstörung der Museen und Opernhäuser begann und die Erinnerungskultur, ehemals stolz gehegt und gepflegt nach dem Zweiten Weltkrieg, zu verblassen begann.
Was hatte ich getan, um zu helfen, sie zu schützen?
Demokratie heißt immer, Brücken zu bauen zwischen Menschen. Wo hatte ich versucht, Brücken zu bauen?

Die soziokulturellen Zentren im Osten des Landes waren als Erste den kulturpolitischen Angriffen von rechts ausgesetzt gewesen, und auch sie hielten nicht stand – weder auf dem Dorf noch in den Städten. Dann breitete sich das Virus der kulturellen Gleichschaltung über das ganze Land aus.

Kultur spielte sich nur noch im Untergrund ab – überdeckt von tiefsitzenden Ängsten oder angepassten Geschmäckern. Und doch gaben wir und viele andere nicht auf. Es wurde im Untergrund geschrieben, gesungen, getanzt und gespielt. Die Videos, Texte und Songs verbreiteten wir in Intranetzen oder brannten sie auf Datenträger, die wir uns bei unseren Treffen heimlich zusteckten.

Ich möchte euch gerne von diesen Liedern, Gedichten und Gesängen berichten. Nicht heute, aber bestimmt an einem anderen Tag.

Das Telefon klingelt wieder: „Papa?“
„Ja, leg nicht auf.“

Stephanie Otto, 81 Jahre, Bergell / Schweiz

Pfadfinderin in Natur und Gesellschaft, Ex-Kommunalpolitikerin

2044 – ich lebe mittlerweile in der Schweiz. Was ich früher aufgrund familiärer Verbindungen nach Urlauben in Erwägung gezogen hatte, ist den politischen Verhältnissen in Deutschland geschuldet.  Seit zehn Jahren leben mein Mann und ich in einer abgelegenen Hütte in den Bergen. Einsam, einfach, aber sicher. Heizen müssen wir nicht mehr, es gibt keinen kalten Winter mehr, wie früher. Dafür gibt es monatelang kaum Wasser, manchmal regnet es jedoch sinnflutartig, so dass wir das Wasser kaum auffangen können. Die Folgen des Klimawandels sind längst da. Verwandte haben die Hütte für uns angemietet. Wir lassen uns nicht oft im Tal blicken, auch die Schweiz hat ihre Neutralität auf ein Mindestmaß schrumpfen lassen und die Gefahr als Deutsche mit politischem Verfolgungshintergrund aufzufliegen, ist groß. Eine Ausweisung sehr wahrscheinlich die Folge. Die Rechtsextremen, die 2029 die Mehrheit im Bundestag übernahmen und den Staat in rasender Geschwindigkeit umbauten, hatten bereits früher in der Schweiz Kontaktpersonen und Geldgeber. Geld kennt keine Grenzen, dass war schon im zweiten Weltkrieg so. Menschen ohne Geld –  scheitern daran. Mit den wichtigsten Dingen: Lebensmittel, Medikamente und technisches Gerät für den Nachrichtenempfang, die Kommunikation und mit Informationen versorgt uns unser Sohn, der uns als junger Flüchtling vor 30 Jahren „adoptierte“. Er selbst war nach Folter im Gefängnis aus seinem Land geflohen, lernte schnell deutsch, arbeitete viel und schloss eine Ausbildung als Mechatroniker ab. Wir haben ihn in dieser Zeit gerne unterstützt. Gut qualifiziert war er bald eine gefragte Fachkraft. Die Jahre davor, musste er sich als Geflüchteter immer wieder hinten anstellen. Als er nach mehrjährigem Verfahren immer noch nicht seine deutsche Staatsbürgerschaft hatte und zunehmend an der Bürokratie verzweifelte, wanderte er in die Schweiz aus. Dort stieg er mit seiner Qualifikation beruflich schnell auf. Mittlerweile hat er die Schweizer Staatsbürgerschaft, denn Fachkräftemangel ist auch hier ein Thema. Das wir nach einer Zufallsbegegnung zu einer Familie zusammen gewachsen waren, erweist sich jetzt als Glücksfall. Vor allem nachdem wir entschieden hatten, nach einem Besuch meines Cousins in der Schweiz nicht mehr nach Deutschland zurück zu kehren. Ein Verbleib war für uns zu gefährlich geworden.

Menschlichkeit, Solidarität waren Fremdworte geworden, die Corona-Krise hatte Querdenker, Querlenker und Krisengewinnler politisch nach oben gespült. Prof Heitmeyer hatte bereits im letzten Jahrhundert mit seinen Forschungsarbeiten „Deutsche Zustände“ gezeigt, dass 20 % in allen Gesellschaftsschichten menschenfeindlich denken. Diese Basis machte sich die NAfD zu nutze, weil die Mehrheit sich nicht genügend gegen diese gesellschaftlichen Zersetzungen stemmte.

Meine Netzwerke haben politisch lange dagegen gearbeitet, doch konnten nicht genügend Menschen mitziehen. Zu groß waren Ängste, zu groß war der Glaube es würde schon alles gut gehen. Immer mehr aktive Menschen verliessen das Land.

Zu meinen politischen Netzwerken habe ich immer noch Kontakt. Das ist mir wichtig, auch wenn wir sehr vorsichtig sein müssen. Ich war neben der Kommunalpolitik in der Jugendverbandsarbeit aktiv, in einem kleinen, politisch linken Pfadfinderverband. Dort einte uns das Engagement für eine demokratische, offene Gesellschaft, in der Kinder und Jugendliche selbstbestimmt leben können und an der Gesellschaft partizipativ teilhaben können. Gemeinsam mit anderen Jugendverbänden unterstützten wir damals das Verbotsverfahren gegen die NAfD, die vom Verfassungsschutz nur in Teilen als rechtsextrem eingestuft wurde. Wir wollten die Überprüfung eines Verbots, da auch viele Jurist:innen ausdrücklich warnten, dass diese Partei insgesamt demokratiezersetzend und rechtsextrem ist. Bereits früh bekamen wir die Auswirkungen dieser Partei zu spüren. Ich beriet einen Kollegen, der in Thüringen als Bildungsreferent bei einem Kreisjugendring arbeitete. In Kommunalparlamenten war die Partei bereits stark vertreten und traf dort auf willfährige Helfer. Kreisjugendringe waren damals freie Zusammenschlüsse von Jugendgruppen und -verbänden, über Sport, Musik, Pfadfinder:innen etc. Mittlerweile sind sie verboten. Der Einfluss dieser Partei und die Zusammenarbeit mit konservativen Parteien, sorgte früh dafür, dass dem Kreisjugendring Zuschüsse gekürzt wurden. Die einzige hauptamtlich beschäftigte Person musste gehen. Gerichtliche Auseinandersetzungen waren kurzfristig erfolgreich, aber unsere Basis wurde immer kleiner. Aus anderen Kreisen vernahmen wir ähnliche Erfahrungen. Die politische Kraft der Zivilgesellschaft sollte beschnitten werden, damit der Protest immer kleiner wurde. Ob den gemässigten Konservativen damals klar war, dass sie die Spur bereiteten, auf der sie selbst später ausglitten?

Kluge Menschen begannen die analogen Netzwerke nachhaltiger zu machen, statt  in den digitalen sozialen Netzwerken sich in der Kommentarfunktion abzuarbeiten. Schreiben gegen Extremismus nützt wenig. sich treffen, mit Menschen reden, sich verbünden und organisieren, schon.

In der Kommunalpolitik gab es in dieser Zeit endlose Diskussionen um das fehlende Geld. Vor allem die soziale und kulturelle Infrastruktur wurde radikal zusammen gekürzt. Frauen waren in den Kommunalparlamenten kaum vertreten. Solidarität, Menschlichkeit, Zukunftspolitik, Beachtung des Klimawandels, auch hier Fehlanzeige! Jeder hielt das bisschen vermeintliche Macht fest, dass nachher von der Partei übernommen wurde.  Die Partei hatte leichtes Spiel, um nachher ihre undemokratischen Strukturen umzusetzen. Viele machten mit, schwammen im Strom der Partei. Mich ekelte es an.

Ich habe viele Jahrzehnte Menschen begleitet, die den Holocaust überlebt hatten, sowie Geflüchtete, die aus politischen Gründen ihr Land verlassen mussten. Vor Augen habe ich eine junge Frauenrechtlerin aus Afghanistan, die mit ihrem kleinen Sohn und Mann im August 2021 gerade noch fliehen konnte, bevor die Taliban erneut die Macht übernahmen.

All diese Menschen haben mir von ihren Erfahrungen erzählt. Es gibt viele Parallelen. Zunächst werden Menschengruppen, z.B. Geflüchtete, Arme und Kranke diskriminiert, dadurch isoliert, die Mehrheit der Bevölkerung durch Angstmacherei und Falschinformationen aufgehetzt, während der Abbau demokratischer Strukturen stattfindet.

Engagierte, politische Menschen und Gruppen die zum Beispiel Demonstrationen organisierten, Aufrufe starteten, politische Bildungsveranstaltungen und Festivals organisierten, Kulturtreibende, die aufklärten, all diejenigen, wurden in Deutschland damals als links-grün-versifft diffamiert. Stereotypen, die von vielen schnell übernommen und verbreitet wurden. Die Erhöhung der eigenen Person und Erniedrigung der anderen, wem nützt es? Das wurde vielen erst später klar, als sie feststellten, dass sie nicht in der Gewinnerrolle waren.

Wir haben in unseren politischen, gesellschaftlichen Netzwerken zusammengehalten, sind auf die Strasse gegangen und haben öffentlich agiert, solange es in Deutschland möglich war. Heute führen wir unseren Kampf für Demokratie  im Verborgenen weiter, aber wir sind da, wir warten auf unsere Chance.

Die Erinnerungen an die Begegnungen mit den Holocaustüberlebenden Eva und Gotthold, mit Stacek, mit Heinz, mit Felix und mit Asher geben mir Kraft weiter zu arbeiten für die Rückkehr zur demokratischen, solidarischen Gesellschaft. Bist du dabei?

Stephanie Otto, 81 Jahre, Bergell/Schweiz

Sven Hieronymus, 76 Jahre, Portugal

Ehem. Comedian, Autor, Sänger und Kolumnist

Ich sitze hier in meiner kleinen Wohnung in Portugal und überlege, wie es weiter gehen soll. Nach der Machtübernahme der NAfD wurde mir ein Berufsverbot erteilt, weil ich mich in den Jahren davor ausschließlich negativ über die neuen Machthaber geäußert hatte. Das hatten sie nicht vergessen. Es fing an mit Schmierereien auf meine Hausfassade, ging weiter mit lautstarken Protesten, in denen ich als Volksfeind tituliert wurde. Als meine Familie dann letztendlich auch körperlich drangsaliert wurde und die Polizei und die Staatsanwaltschaft nicht bereit waren zu ermitteln, entschloss ich mich das Land zu verlassen. Der Verkauf meines Hauses erfolgte völlig unter Wert, unser NAfD Bürgermeister drohte mir mit Enteignung, wenn ich es nicht für einen Festpreis an die Gemeinde veräußern würde. Hier sollte eine stramme volksdeutsche Familie einziehen. Mir blieb nichts anderes übrig, als zu diesem Preis zu verkaufen, um überhaupt noch irgendwelche liquiden Mittel zu besitzen, um mir in Portugal ein neues Leben aufzubauen. Ich konnte keine Wort portugiesisch und die Immobilienpreise in Portugal waren mittlerweile auch in die Höhe geschossen, da viele Bundesbürger den selben Weg gingen wie ich. So war von einem „Häuschen am Strand“ keine Rede mehr. Einnahmen hatte ich keine mehr, da ich meine Kunst – aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse – nicht mehr ausüben konnte. Die deutsche Regierung hatte mittlerweile die Europäische Union verlassen und Rente wurde noch an Volksdeutsche bezahlt, die im Inland wohnten. Sei drei Jahren gibt es in Portugal ebenfalls eine rechte Regierung, so dass unsere Haushaltshilfe – wir sind mittlerweile Ende Siebzig – ausgewiesen wurde. Meine finanziellen Mittel neigen sich dem Ende zu, eine wichtige Operation meiner Frau können wir uns nicht mehr leisten, so dass wir keine Ahnung haben, wie es tatsächlich weiter gehen soll. Wir denken über gemeinsamen Suicid nach. Und das alles, weil in den 2020er Jahren nicht ALLE bereit waren, sich dem Faschismus entgegen zu stellen…

Gabriele, 76 Jahre, Kairo / Ägypten

Ägyptologin, Kuratorin und Ausstellungsmacherin

Ich lebe mittlerweile in Kairo, da die Repressalien und diktatorischen Umtriebe durch die NAfD immer mehr zugenommen hatten, blieb mir nichts Anderes übrig, als zu gehen. Ich fühlte mich wie ein Fremder im eigenen Land, mir fehlte die Luft zu atmen und die Angst wurde immer stärker. Durch meine engen Kontakte in die arabische Welt und insbesondere nach Ägypten, stand ich schon vom ersten Tag an auf der Liste, ich wurde abgehört, ausspioniert und meine Familie verfolgt. Schließlich habe ich mich in meiner Arbeit im Kulturbereich immer für eine gerechte Welt, für einen friedvollen Austausch und die Zusammenarbeit mit dem globalen Süden eingesetzt. Da solche Ansätze genau das Gegenteil von den Zielen der NAfD sind, wurde ich regelmäßig zu Verhören eingeladen und musste Rede und Antwort stehen, warum ich denn Kontakte zu Landesfeinden hätte und ich so viel Zeit in ‚solch verwerflichen Ländern‘ verbringen würde, anstatt dem eigenen Land zu dienen. Eigentlich hatte ich immer fest daran geglaubt, dass Kulturarbeit, Ausstellungen und Veranstaltungen einen wichtigen Beitrag für ein friedvolles und buntes Miteinander leisten können. Mit meiner Arbeit wollte ich helfen, Brücken zu bauen, Wissen über andere Kulturen, Vorstellungen und Glaubensrichtungen zu vermitteln. Aber wenn man kritisch reflektierte Kultur und Foren eines kulturellen Diskurses total zerschlägt und stattdessen Museen, Theater und Galerien politisch gleichschaltet, dann gibt es keine gute Museumsarbeit mehr; was in Deutschland davon übrigblieb, war nur noch Propaganda, Lüge, Fehlinformation und völkischer Brei.

Ich bin schon kurz vor den Wahlen 2029 nach Ägypten gereist, um dort abzuwarten, wohin der Pegel ausschlägt; wie sagt man so schön, die Hoffnung stirbt zuletzt. Leider haben meine schlimmsten Befürchtungen recht behalten und so bin ich dann in Kairo geblieben. Zunächst konnte ich bei Freunden unterkommen, dann habe ich angefangen mir durch Übersetzungen, Sprachunterricht und andere Arbeiten ein kleines Einkommen zu verschaffen, von dem ich einigermaßen leben kann. Hier in Kairo gibt es eine kleine Gruppe von Dissidenten, nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus anderen Ländern, die ein ähnlich grausiges Schicksal wie bei uns haben. Wir treffen uns regelmäßig und arbeiten daran, von außen die Widerstandskämpfer zu unterstützen, die mutig im Land geblieben sind. Wir versuchen Geld zusammenzutragen, Netzwerke aufzubauen und wir versuchen auch Menschen die Flucht aus Deutschland zu ermöglichen.

Allerdings hat auch in Nordafrika der Klimawandel voll zugeschlagen, das Nildelta – die einstige Kornkammer des Landes – ist mittlerweile vollständig versalzen und unbewohnbar geworden. Daher drängen jetzt Millionen von Menschen in die Wüstengebiete am Rande des Niltals und versuchen, dort zu wohnen. Zudem sind aus der immer größer werdenden Sahara-Region und dem vom Bürgerkrieg zermürbtem Sudan Millionen von Flüchtlingen nach Ägypten gekommen. Die Stimmung hier ist mittlerweile extrem aufgeladen, die Aggressivität hat extrem zugenommen und so ist es selbst im großen Schmelztiegel Kairo, wo man eigentlich gut untertauchen kann, schwierig geworden zu überleben. Da ich keinen gültigen Pass mehr habe, kann ich das Land nicht mehr verlassen, zumindest nicht legal. Zur deutschen Botschaft kann ich nicht gehen, da die ja voll in den Händen der NAfD ist und ich damit rechnen muss, verhaftet zu werden, sobald ich das Botschaftsgelände betrete. Ich versuche aber gerade eine andere Staatsbürgerschaft anzunehmen, was in einer verrückt gewordenen und durch Faschismus geprägten Welt sehr schwierig ist.

Ach, hätten wir doch bloß zur rechten Zeit die Zeichen ernst genommen und uns als Gesellschaft mit allem Mitteln dagegengestemmt, dass die NAfD unsere Demokratie zerstört. Stattdessen ist aus Deutschland fast 100 Jahre nach dem Dritten Reich erneut eine faschistische Diktatur geworden.

Gabriele, 76 Jahre, Kairo.

Mannheimer Nationalblatt

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17. Februar 2032 7:45 Uhr
Mit sofortiger Wirkung wurde beschlossen, dass Personen ohne „nachweislich deutsche Abstammung“ nicht mehr an Volksfesten teilnehmen dürfen. Laut Regierung dient diese Maßnahme dem „Schutz der traditionellen deutschen Kultur“. Veranstalter sind verpflichtet, die Einhaltung der Regelung sicherzustellen.
17. Februar 2032 12:30 Uhr
In einer historischen Ansprache verkündete der Volkskanzler offiziell den Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union. Er sprach von einem „Akt der nationalen Befreiung“, um sich „von Brüsseler Diktaten und globalistischen Zwängen zu lösen“. Die Regierung plant eine eigenständige Wirtschafts- und Sicherheitspolitik. Internationale Reaktionen bleiben abzuwarten.
Was passierte eigentlich mit...?

Alicia Weinerlich

Die ehemalige NAfD-Vorsitzende überschätzte ihre Macht und unterschätzte die völkisch-nationalistische Ideologie ihrer Partei. Als lesbische Politikerin fiel sie bald selbst dem rigiden Weltbild der extrem rechten Führung zum Opfer. Nach internen Machtkämpfen wurde sie aus der Partei gedrängt, aus politischen Ämtern entfernt und schließlich in ein Umerziehungslager geschickt. Was danach mit ihr geschah, bleibt ungewiss – sie verschwand aus der Öffentlichkeit.

Bernd das Brot

Der große Führer Bernd Böcke hatte genug: „Bernd das Brot“ vom Kinderkanal musste weg! Zu oft wurde er mit der depressiven Kultfigur verglichen – und das ging ja gar nicht. Ein sprechendes, melancholisches Brot als Symbol der Nation? Undenkbar! Also erließ er kurzerhand ein Verbot. Natürlich durfte es in der neuen, „starken“ Nation keinen Platz mehr für ein griesgrämiges Brot geben. Jetzt regieren nur noch fröhliche, linientreue Helden – aber niemand lacht mehr.

Auf Anfang!-Festival

Das einst blühende Festival, das Demokratie, Kunst und Widerstand feierte, wurde 2032 verboten, weil es „volkszersetzende Musik und Kunst“ förderte. Stattdessen gibt es nun das „Deutsche Erwachungsfest“, bei dem ausschließlich Marschkapellen und Heimatchöre auftreten. Die einzige verbliebene Tanzbewegung ist das stramme Stillstehen.

Computerspiel-Industrie

Nach dem „Gesetz zur Säuberung der Jugendunterhaltung“ wurden alle ausländischen Games verbannt. Die einzige erlaubte Alternative: „Volkskampf 2044“, ein 8-Bit-Spiel, in dem man mit einem Spaten Kartoffeln erntet. Aufgrund fehlender Speicherfunktion beginnt das Spiel nach jedem Level wieder von vorn.

Curry-Wurst

Da die Regierung sämtliche „undeutschen“ Einflüsse aus der Küche verbannte, wurde Ketchup durch eine „stolze Senfsoße“ ersetzt. Die neue „Reinheitswurst“ ist geschmacklich kaum erträglich, aber dafür 100 % „echt deutsch“.

Deutsche Automobilindustrie

Das „Gesetz zur Befreiung des Volkes von grünem Firlefanz“ verbot E-Autos, internationale Märkte boykottierten deutsche Marken. Heute gelten gebrauchte VW Golf von 2015 als ultimatives Statussymbol, während neue Modelle nur mit Dieselzwang und „stolzer deutscher Karosserie“ produziert werden – aber niemand sie kauft.

Existenzminimum

Da Armut laut Regierung nur ein Zeichen von „schwachem Willen“ ist, wurde das Existenzminimum 2034 aufgehoben. Wer nichts hat, soll sich „durch Arbeit an der Heimatfront“ beweisen.

Fußball-Bundesliga

Nach der groß angelegten Remigration von ehemaligen deutschen Staatsbürgern mit Migrationshintergrund wurde die Bundesliga plötzlich erstaunlich „deutsch“. Internationale Stars? Weg. Trainer mit innovativen Ideen? Adieu. Die einstige Fußball-Glanzliga wurde zu einem provinziellen Kickertreffen, bei dem die Tore zählten, aber die Vielfalt fehlte. Während die Regierung stolz auf ihre „rein deutsche“ Liga blickte, machte der Glanz des deutschen Fußballs einen Abgang.

Initiative für Freizeit und Musikkultur e.V.

Nach der Machtübernahme wurde das Festival „Auf Anfang! Musik, Kunst & Solidarität“ 2032 verboten, ebenso wie der veranstaltende Verein „Initiative für Freizeit und Musikkultur“. Die Initiative, die sich für kulturelle Vielfalt, Solidarität und politische Bildung einsetzte, geriet schnell ins Visier der neuen Machthaber. Ihre progressive Ausrichtung und der Widerstand gegen rechte Ideologien passten nicht ins Bild des neuen Regimes. Offizielle Begründungen sprachen von „volksfeindlicher Propaganda“ und „Störung der öffentlichen Ordnung“. Der Verein wurde aufgelöst, viele seiner Mitglieder verfolgt oder inhaftiert.

Julian Speichelt

Julian Reichelt erkannte nach der Machtübernahme schnell, dass in einer echten Diktatur für einen selbsternannten „Rebellen gegen das System“ nicht mehr viel zu holen war – vor allem, wenn man jahrelang genau die Leute hofiert hat, die dann plötzlich an der Macht sind. Seine reißerischen Schlagzeilen waren jetzt überflüssig, denn die PVP hatte längst eine effizientere Methode gefunden, um „unbequeme Wahrheiten“ zu verbreiten: Lautsprecherdurchsagen in Dauerschleife.

Als Zeichen seiner Treue zum Regime erklärte Speichelt 2033 in einer spektakulären Live-Sendung: „Ich war nie Teil der Lügenpresse, sondern immer ein heimlicher Vorkämpfer für die Volksregierung!“ Leider fand der Volkskanzler, dass er sich damit zu wichtig nahm – und versetzte ihn zur „Abteilung Unterhaltung“. Seitdem ist Speichelt der Hauptmoderator von „Deutschland lacht!“, einer abendlichen Propagandashow, in der Dissidenten vor laufender Kamera ihre Vergehen gestehen müssen, bevor das Publikum per Applaus über ihre Strafe entscheidet.

Seine Karriere erreichte 2041 einen traurigen Höhepunkt, als er versehentlich einen Witz machte, der als „subtil regimekritisch“ interpretiert wurde. Nun ist er der neue Außenkorrespondent für die „Sonderzone Neu-Prora“, wo er live von der Baustelle des „Volksferienlagers“ berichtet. Seine Berichte beginnen stets mit: „Es könnte schlimmer sein. Aber das wird es sicher bald!“

Krankenkasse

Da medizinische Versorgung teuer ist, gibt es jetzt die „volkstreuen Heilanstalten“, in denen sich Patienten durch Arbeit ihre Behandlung verdienen müssen. Krankheiten gelten als Zeichen von „mangelndem nationalen Willen“.

Markus Löder

Nach der Anpassung an jede erdenkliche Ideologie entschied Löder 2034, ein eigenes Land zu gründen: Löderien. Leider fiel das Gebiet mit seiner Datscha am Tegernsee zusammen. Dort regiert er jetzt seine Frau, drei Eichhörnchen und einen Mähroboter mit eiserner Hand.

Mimimi Sellner

Der ehemalige Identitäre wurde nach der Machtübernahme als Experte für „Remigration“ gefeiert und mit der „ordnungsgemäßen Rückführung aller unerwünschten Elemente“ betraut. Leider wurde er 2039 durch einen noch radikaleren Nachfolger ersetzt, weil er einmal zu viele Selfies gemacht hatte, anstatt Deportationen zu organisieren. Jetzt betreibt er eine Volkshochschule, in der er Lehrgänge zur „authentischen germanischen Körperhaltung“ gibt.

NAfD-Fckbook-Kommentarspalte

Da es 2040 nur noch regimetreue Inhalte gab, gab es auch nichts mehr zu meckern. Übrig blieben Rentner:innen, die sich gegenseitig fragten, wie man den Drucker installiert.

Oktoberfest

Das „Bier-Patriotismus-Gesetz“ führte zu einem verpflichtenden Maß-Konsum von fünf Litern pro Person. Bereits 2038 war das Fest ein gigantischer Arztbesuch. Heute gibt es statt Oktoberfest nur noch den „Tag der volkstreuen Maßhaltung“.

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Sie wurden durch die „Volksnachrichten“ ersetzt – ein 24/7-Programm aus Marschmusik, Lobreden auf den Volkskanzler und Kochsendungen mit „traditionellen deutschen Gerichten“. Ex-ZDF-Größe Peter Ahne moderiert jetzt „Wie backe ich ein Vaterland?“, Folge 678.

Panik-GIDA

Nachdem die Partei, die Panik-Gida einst hofierte, an die Macht kam, verlor die Bewegung ihr Feindbild. Frustriert versuchten die letzten Mitglieder 2036, gegen sich selbst zu demonstrieren. Die Kundgebung war nach 10 Minuten vorbei.

Popakademie Baden-Württemberg

Die Popakademie in Mannheim wurde rigoros umstrukturiert und in „Deutsche Kulturakademie für Musik und Medien“ umbenannt. Internationale und kritische Inhalte wurden verbannt, der Fokus lag nun auf nationalistischen Themen und regimetreuen Künstlern. Dozent:innen, die sich gegen die neue Ideologie stellten, wurden entlassen oder verhaftet. Die einst weltoffene Akademie veränderte sich zu einem Instrument der Propaganda, das alternative und freie Kunst unterdrückte.

Popkultur

Popkultur wurde durch „Volkskultur“ ersetzt. Serien, Filme und Musik aus dem Ausland sind verboten, um die „kulturelle Reinheit“ zu wahren. Die Charts bestehen aus patriotischen Märschen und Heimatballaden. Rap und Elektro wurden in die Kategorie „entartete Musik“ verschoben. Kunst ist jetzt nur noch erlaubt, wenn sie einen „nützlichen“ Zweck erfüllt – etwa als Propaganda.

Region Hunsrück – Jetzt „Hunsrücker Selbstversorgerzone“

Da die Regierung das Land konsequent gegen äußere Einflüsse abschottete, wurde der Hunsrück zur „autarken Agrarfront“ erklärt. Ohne ausländische Maschinen und Arbeitskräfte geht allerdings nichts mehr – weshalb die Regierung kurzerhand entschied, dass jedes Kind ab dem sechsten Lebensjahr verpflichtend eine landwirtschaftliche Ausbildung machen muss. Der Slogan der Region: „Echte Deutsche brauchen keinen Komfort!“

Weinregion Nahe

Die traditionsreiche Weinregion Nahe wurde vom neuen Landwirtschaftsministerium übernommen, das sämtliche internationalen Rebsorten durch „urdeutschen Riesling“ ersetzte. Biowein ist verboten, weil er „linksgrün unterwandert“ sei. Der neue Hauptwein „Völkischer Landwein“ schmeckt nach Bitterkeit und Angst.

Xaver Nanu

Nachdem Xaver 2035 endgültig in der Verschwörung abdriftete und behauptete, Deutschland sei eine Hologramm-Projektion des Deep State, verschwand er. Gerüchten zufolge hält er in einem Bunker unter Mannheim immer noch einen Livestream, der von exakt drei Zuschauern verfolgt wird – seinen letzten Telegram-Fans.